Leo Lausemaus begleitet uns nun schon seit einer ganzen Weile und wir hatten bereits mit einigen Geschichten gute Erfahrungen gesammelt, als ich zu dem Buch Leo Lausemaus hat schlechte Laune griff. Ein Fehlgriff, wie sich herausstellte. Das erste Mal verstand ich Stimmen, die der Lausemaus kritisch gegenüberstehen. Denn diese Geschichte, die sich mit der „Trotzphase“ beschäftigt, ist wenig bedürfnisorientiert. Wir haben sie nicht zu Ende gelesen und auch nie wieder aus dem Regal geholt. Denn die Geschichte hat meiner Tochter Angst gemacht. Vor kurzem ist eine überarbeitete Neuausgabe erschienen, die einen sensibleren Umgang mit der Autonomiephase verspricht.

Diese Tage, die jeder kennt

Es gibt Tage im Zusammenleben mit einem Kind in der Autonomiephase, in denen ist einfach der Wurm drin. Und zwar von morgens bis abends. Das Frühstückstoast ist falsch geschnitten, der Lieblingspulli in der Wäsche, ein Sommerkleid im Tiefschnee wäre sowieso am besten, der Turm aus Bauklötzen fällt immer wieder um und sorgt für unbändige Wut und auch der Supermarkt hat bereits weit vor der Quengelzone jede Menge Potential für Tobsuchtsanfälle. Und als ob das nicht schon nervenaufreibend genug wäre, steht Trödeln auch noch ganz oben auf der Tagesordnung.
In der Geschichte Leo Lausemaus hat schlechte Laune hat Leo genauso so einen doofen Tag. Bereits am Morgen wacht er mit schlechter Laune auf. In der alten Textversion zeigt seine Mama wenig Verständnis. Die schlechte Laune zieht sich durch den Tag und Mama Lausemaus empfindet ihr ungezogenes Kind als recht anstrengend. Zum Ende hin will Leo nicht nach Hause und versteckt sich. Seine Mama droht ihm damit, ihn zurückzulassen, wenn er nicht kommt. Und tatsächlich setzt sie ihre Drohung in die Tat um. Leo bleibt allein zurück. Es wird dunkel und Leo hat Angst. Überall um ihn herum sind unheimliche Geräusche und es scheint, als würden ihn tausend Augen bedrohlich anschauen. Irgendwann kommen Mama und Papa Lausemaus doch, um ihn zu holen.

„Leo ist überglücklich und verspricht: ,Von nun an werde ich immer ein liebes Mausekind sein!‘“

Ich möchte die alte Textversion an dieser Stelle gar nicht bewerten, denn eines darf man nicht vergessen: In früheren Zeiten ging man anders mit der kindlichen Wut und kindlichem Autonomieverhalten um. Man erzog generell anders. Die alte Version von Leo Lausemaus hat schlechte Laune ist erstmalig im Jahr 2004 erschienen. Das ist immerhin fünfzehn Jahre her. Und es ist gut und richtig, dass eine Überarbeitung der Geschichte stattgefunden hat. Generell hat sich die Figur Leo Lausemaus weiterentwickelt und deswegen in jedem Fall eine zweite Chance verdient.

Was hat sich durch die Überarbeitung geändert?

Die Illustrationen der Geschichte wurden beibehalten, hier und da aber etwas angepasst und entschärft. Der Text ist komplett überarbeitet. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Mama Lausemaus viel geduldiger mit ihrem schlechtgelauntem Leo ist. Sie versucht auf ihn einzugehen und Kompromisse zu machen.

leo lausemaus hat schlechte laune
Leo Lausemaus möchte ein Spielzeug haben.

Beispiel:

Alte Version: „Leo Lausemaus ist eigentlich ein braves Mausekind, aber heute Morgen ist er mit schlechter Laune aufgewacht. Na, wenn das mal gut geht …
,Komm, Leo, zieh dich an. Am besten den Pulli, dann wird dir schön warm sein, wenn wir nachher spazieren gehen‘, meint seine Mama. ,Den will ich nicht! Ich behalte das T-Shirt an!‘, antwortet Leo eigensinnig. ,Du wirst schon sehen, was du davon hast! Und bevor wir gehen, räumst du deine Spielsachen auf!‘, ermahnt ihn seine Mama.“

Neue Version: „Heute hat Leo Lausemaus beim Aufwachen richtig schlechte Laune. Hast du schlecht geträumt, du Lausemaus?
Mama will mit Leo zum Einkaufen gehen. ,Zieh besser den Pulli an, damit du nicht frierst, Leo‘, meint sie. ,Ich will aber mein T-Shirt anbehalten‘, knurrt Leo. Da öffnet Mama das Fenster. ,Komm mal her, meine Lausemaus‘, sagt sie. ,Fühl doch, wie kalt es draußen noch ist.‘ Leo trottet zum Fenster und spürt den kalten Wind. Murrend zieht er den Pulli an.“

Auf diese Weise bekommen Leo und seine Mama den Tag (trotz der schlechten Laune) gut rum. Bis zu dem Moment, als Leo partout nicht nach Hause will. Mama hat es langsam eilig, weil sie noch das Abendessen kochen muss. Doch Leo will nicht mit. Also büxt er aus und versteckt sich vor ihr. Mama sucht ihn, kann ihn aber nicht finden. Als der Himmel sich bewölkt und Regentropfen fallen, wäre Leo doch lieber zuhause. Aber er weiß den Weg nicht. Gut, dass bereits die Schritte seiner Eltern nahen, die ihn suchen und froh sind, ihn gefunden zu haben.

leo lausemaus hat schlechte laune
Leo Lausemaus will nicht mit nach Hause und versteckt sich.

Fazit: Leo Lausemaus hat schlechte Laune

Alles in allem ist die Geschichte deutlich liebevoller als die Vorgängervariante. Mich persönlich hat nur eine Sache gestört, der letzte Satz: „Und zu Hause in der Küche wartet schon die warme, duftende Möhrensuppe.“ Irgendjemand muss die Suppe gekocht haben, während Leo versteckt war.
Nun kann das natürlich alles Mögliche bedeuten: Vielleicht ist Leo öfter allein draußen, um zu spielen. Was aber (für mich) nicht recht zur Altersgruppe passt. Vielleicht hat Papa Lausemaus eine Weile allein nach Leo gesucht und Mama hat in der Zeit die Suppe gekocht. Vielleicht hat auch die Nachbarin den Kochlöffel geschwungen. Wie auch immer: Ich habe mich dafür entschieden, den letzten Satz nicht mit vorzulesen. So ist es eine schöne runde Geschichte, die keine Fragen aufwirft und zeigt, dass Schlechte-Laune-Tage eben zum Leben dazu gehören.

Anmerkung: Das Buch „Leo Lausemaus hat schlechte Laune“ wurde uns freundlicherweise als Rezensionsexemplar vom Lingen Verlag zur Verfügung gestellt.

Autor

Als ich klein war, konnte ich es nicht abwarten, endlich selber lesen zu können. Ich liebte es sehr, wenn meine Eltern mir aus Büchern vorlasen. Aber es reizte mich, es ihnen gleich zu tun und selbst die gedruckten Wörter zu einer Geschichte zusammenzusetzen. Nachdem ich endlich lesen gelernt hatte, verschlang ich ein Buch nach dem anderen. 2016 bin ich Mutter geworden und ich möchte meiner Tochter Sina die Welt der Bücher eröffnen wie sie einst mir geöffnet wurde.

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