„Die Elster war ein vielbeschäftigter Vogel. Tag für Tag war sie auf der Suche nach Dingen, die glitzerten und glänzten.“

Nie zufrieden

Die Elster hatte viele Schätze in ihrem Nest angesammelt. Jeden Morgen betrachtete sie diese stolz: „Da gab es zum Beispiel ein Stückchen Alufolie, in dem das frühe Morgenlicht funkelte. Eine wunderschöne rote Scherbe machte das Abendlicht noch viel glänzender. Am schönsten war ein goldener Ohrring mit einer kleinen weißen Perle.“ Doch richtig freuen konnte sie sich nicht an den Dingen. Sie war immer auf der Suche nach neuen Schätzen. Als die Taube sie einlud, die Spatzen zu besuchen und deren Nachwuchs zu begrüßen, hatte die Elster keine Zeit. Sie musste los in die Stadt – arbeiten. Schätze suchen. Das war dringend. Und so suchte sie nach neuen Sachen. Alles was glitzerte und glänzte erregte ihr Interesse. Ihre Ausbeute an diesem Tag war aber mager:

„Sie fand eine fast achteckige Scherbe und machte sich auf den Heimweg. Etwas enttäuscht war sie trotzdem, denn sie hatte schon drei grüne Glasscherben. Aber besser als gar nichts!“

Kaum hatte sie die Scherbe in ihr Nest gebracht, war sie schon wieder getrieben vom Wunsch nach etwas neuem. Sie entschied, noch einmal in Richtung Steinbruch zu fliegen. Vielleicht hatte sie dort mehr Glück. Die Einladung des Eichhörnchens einen Kiefernzapfen zu kosten, schlug sie aus. Keine Zeit. Im Steinbruch fand sie einen mit glitzernden Kristallen gefüllten Stein. Nachdem sie auch dieses Fundstück in ihr Nest gebracht hatte, hatte sie immer noch nicht genug. In der Hoffnung dort noch etwas Schönes zu finden, flog sie zur Bushaltestelle. Kaum dort angekommen, begann es zu gewittern und die Elster musste sich unterstellen. Als sie schließlich zurückfliegen konnte, stellte sie fest, dass das Unwetter ihr Nest völlig zerstört hatte. Zum Glück bekam sie reichlich Hilfe in ihrer Notlage.

„Seit diesem Gewittertag geht die Elster nur noch an Samstagen auf Schatzsuche. An den restlichen Tagen trifft sie ihre neuen Freunde zum Essen, Reden und Neuigkeiten austauschen.“

Fazit: Besitz macht nicht glücklich

Die emsige Elster ist ein tolles Bilderbuch, das uns mit auf den Weg gibt, worauf es im Leben ankommt. Zu oft verbinden wir Konsum mit einem Erlebnis, das uns ein vermeintlich gutes Gefühl gibt. Das zwanzigste Paar Schuhe macht aber ebenso wenig glücklich wie die vierte grüne Scherbe, die die Elster sammelt. Die wichtigen Dinge im Leben sind doch völlig andere: Liebe, Freundschaft und Zusammenhalt. So schaffen wir echte Erlebnisse, an die wir uns erinnern und die man nicht hinter irgendeine Schranktür quetschen muss. Gerade bei unseren Kindern neigen wir manchmal dazu, sie mit Sachen zu überschütten. An das ganze Zeug werden sie sich wahrscheinlich nicht erinnern. Mitnehmen tun sie etwas anderes: gemeinsame Zeit, die Erinnerungen schafft.

Die Geschichte von der emsigen Elster stimmt also nachdenklich und lädt uns ein, unser Verhalten zu überdenken. Und dafür ist es höchste Zeit, das wissen wir wohl alle. Wir müssen es uns nur immer wieder bewusst machen. Daher kann ich euch das Buch nur ans Herz legen.

Buchinformationen

Luise Winter: Die emsige Elster

Mit Illustrationen von Zeynep Oba
Carl Auer Kids, Heidelberg 2021
Hardcover, 32 Seiten
Ab 3 Jahren

Klappentext

Die Elster ist ständig damit beschäftigt, neue Schätze für ihr Nest zu suchen. Für ihre netten Nachbarn nimmt sie sich keine Zeit. Eines Tages zwingt sie ein Schicksalsschlag zum Umdenken. Eine Fabel für große und kleine Leute – über das, was im Leben wirklich wichtig ist.

die emsige elster

Anmerkung: Das Buch „Die emsige Elster“ wurde uns freundlicherweise als Rezensionsexemplar vom Carl Auer Verlag zur Verfügung gestellt.

Autor

Als ich klein war, konnte ich es nicht abwarten, endlich selber lesen zu können. Ich liebte es sehr, wenn meine Eltern mir aus Büchern vorlasen. Aber es reizte mich, es ihnen gleich zu tun und selbst die gedruckten Wörter zu einer Geschichte zusammenzusetzen. Nachdem ich endlich lesen gelernt hatte, verschlang ich ein Buch nach dem anderen. 2016 bin ich Mutter geworden und ich möchte meiner Tochter Sina die Welt der Bücher eröffnen wie sie einst mir geöffnet wurde.

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