„Es ist eine Walnuss aus Syrien. Aus dem Garten meiner Großmutter. Alles ist darin, alles … Der Duft, das Zwitschern der Vögel, all seine Schönheit. Ich hatte die Nuss bei mir, den ganzen Weg von Syrien nach Deutschland.“
Nicht nur eine Walnuss
Leila ist 11 Jahre alt und gerade mit ihrer Mutter und ihren Brüdern von Hannover in das Dorf Großbödecke gezogen. Kein normaler Umzug, denn Leila musste aus ihrem Heimatland Syrien vor dem Krieg flüchten. Nach einer gefährlichen Reise mit einem alten Boot, versucht sie neu anzufangen. Und hofft verzweifelt, dass ihr Vater und ihre Großmutter bald nachkommen können und ihre Familie wieder vereint ist. Eine Walnuss aus dem Garten ihrer Großmutter ist ihr einziges Andenken, welches sie immer bei sich trägt. Leila erzählt der Walnuss all ihre Sorgen und Gedanken als würde sie mit ihrer geliebten Oma sprechen. Dann kommt der erste Tag in der neuen Schule und am liebsten würde Leila nicht hingehen.
„‚Ya, Laylaa. Ach, Leila.‘ Ihre Mutter streicht ihr am Zopf entlang. ‚Dieser erste Tag wird nicht so schlimm werden. Du wirst sehen. Vielleicht gibt es hier richtig nette Mädchen. Du kannst inzwischen so gut Deutsch! Guck mal, und diese schöne Wohnung. Es wird jetzt alles gut!‘“
So recht glauben mag Leila nicht, dass es gut wird. Aber immerhin fallen in Großbödecke keine Bomben. Ein guter Anfang.
Der Start in der Schule verläuft gut und auch Leilas Mitschüler scheinen nett zu sein. Doch dann verliert sie ihre Walnuss im Schulgebäude. Für Leila bricht eine Welt zusammen.
„Leila spürt, wie ihr die Tränen aufsteigen. Sie greift nach ihrer Schultasche, nimmt das Etui heraus, guckt hinein, dreht dann die Tasche um, schüttet sie aus, viel zu heftig. … Keine Nuss! Keine Nuss! Keine Nuss! Mittlerweile laufen ihr Tränen über die Wangen.“
Am nächsten Tag beginnt sie in der Schule nach der Walnuss zu suchen und wird dabei von ihrem Mitschüler Max beobachtet. Nachdem die Geschichte der Nuss aus ihr herausbricht, bietet Max ihr an, beim Suchen zu helfen.
Ein sehr einfühlsames Buch
Die Heimat zu verlassen ist schwer. Aus der Heimat zu fliehen, weil Krieg ist, ist furchtbar. Eine Reise anzutreten, die ebenso ungewiss wie gefährlich ist – macht Angst. Die Familie zurückzulassen und nicht zu wissen, ob man sie wiedersieht, ist unvorstellbar. Und dennoch ist all das die Realität vieler Menschen. Nicht mal ansatzweise können wir erahnen, wie sich diese Menschen fühlen müssen. Apfelkuchen und Baklava beschreibt die Situation von Leila und ihrer Familie sehr behutsam. Die Idee, die Geschichte einer Flucht anhand einer Walnuss zu erzählen, gefällt mir sehr gut. Man bekommt immerhin ein kleines Gefühl dafür, wie sich die Menschen fühlen müssen, die ihre Heimat zurücklassen. Wenn sie ankommen, sind sie zwar in Sicherheit, aber ihr bisheriges Leben ist dennoch vorbei. Nur die Erinnerungen bleiben – sowohl die Guten als auch die Schlechten. In der Geschichte findet Leila Freunde und kommt nach und nach in ihrer neuen Heimat an. Eine besondere Rolle spielt dabei übrigens die Oma von Max, der Leila bei der Suche nach ihrer Walnuss hilft. Denn wie sich herausstellt, ist auch sie geflohen. Ende des zweiten Weltkrieges aus dem besetzten Pommern. Sie kann sich also gut in das Mädchen hineinversetzen und baut schnell eine Verbindung zu ihr auf. Alles in allem gibt es von mir eine klare Leseempfehlung.
Was ich mir allerdings noch gewünscht hätte, ist eine kurze Erklärung, was es mit der Flucht von Max Oma auf sich hat. In der Geschichte selbst hätte es vermutlich von Leila abgelenkt, aber etwas Hintergrundinformation im Anhang des Buches wäre toll gewesen. Denn das Buch ist für Leser ab 10 Jahren gedacht, die im Geschichtsunterricht vermutlich noch nicht in den Jahren 1944/45 angekommen sind.
Buchinformationen
Kathrin Rohmann: Apfelkuchen und Baklava oder Eine neue Heimat für Leila
Mit Illustrationen von Franziska Harvey.
Boje Verlag, Köln 2016
Gebunden, 176 Seiten
Ab 10 Jahren
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Klappentext
„Es ist eine Walnuss aus Syrien. Aus dem Garten meiner Großmutter. Alles ist darin, alles … Der Duft, das Zwitschern der Vögel, all seine Schönheit. Ich hatte die Nuss bei mir, den ganzen Weg von Syrien nach Deutschland.“
Auch wenn die 11-jährige Leila in Deutschland zur Schule geht, so denkt sie noch oft an ihre Heimat zurück. Nur die Walnuss hat sie als Erinnerung bei sich. Als Leila die Nuss verliert, bricht für sie eine Welt zusammen. Zum Glück setzt ihr Mitschüer Max alles daran, ihr zu helfen …
Die Geschichte einer wunderbaren Freundschaft und des Miteinanders über alle Grenzen hinweg.
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