Was macht eigentlich eine fabelhafte Prinzessin aus? Vor dieser Fragestellung steht eine weise Fee in dem Buch Von acht Prinzessinnen, die keinen Retter brauchen.
Eine fabelhafte Prinzessin
Die weise Fee fühlt sich geehrt: sie soll Patin der kleinen Prinzessin werden. Sie verspricht dem König und der Königin, dass sie dabei hilft, dass ihre Patentochter eine fabelhafte Prinzessin wird. Am Abend grübelt sie über ihr Versprechen nach und fragt sich, was genau eine Prinzessin fabelhaft macht.
Die Zofe weiß: eine fabelhafte Prinzessin ist schön – und ordentlich, ergänzt eine andere Zofe. Tierlieb, weiß die Katze.
Die Fee ist nicht überzeugt: „Schön, ordentlich und tierlieb.“ Das konnte nicht alles sein. So fragt sie ihren Zauberspiegel um Rat. Auch für ihn keine leichte Frage – aber schließlich ergänzt er die Liste:
„‚Sie muss saubere Fingernägel haben‘, sagte der Spiegel. ‚Und eine gute Schülerin sein.‘ Die Fee ächzte. ‚Und sie muss Manieren haben‘, ergänzte der Spiegel.“
Der weisen Fee reichen diese Antworten nicht aus. Deswegen schrumpft sie ihren Zauberspiegel auf die Größe eines Taschenspiegels und schickt ihn in die Welt, um herauszufinden, was eine fabelhafte Prinzessin wirklich fabelhaft macht. In den folgenden Kapiteln begleiten wir den Spiegel auf seinem Weg. Acht unterschiedliche Prinzessinnen lernen wir kennen und lesen ihre Geschichten. Am Ende der Reise fragt die Fee ihren Spiegel, was er über Prinzessinnen gelernt hat:
„‚Prinzessinnen sind stur, stolz und rechthaberisch. Sie haben keine besonders sauberen Fingernägel, sind oft ziemlich unhöflich, sind immer flott, wenn es um Tierrettung geht oder darum, in Streitigkeiten zu geraten oder darum, Rasenmäher zu reparieren. Und sie sind nicht im Entferntesten an Schule interessiert.'“
Nachdem die Wörter aus ihm herausgebrochen sind, fragt er sich, ob er den Prinzessinnen Unrecht tut. Er denkt über ihre Geschichten nach und ändert seine Einschätzung:
„‚Mutig!‘ Der Spiegel flackerte wieder. ‚Mutig, stark und loyal, sie hatten große Träume und noch größere Herzen und einen solchen Lebenshunger und so viel Liebe und …'“
Fazit: Ein fabelhaftes Buch
Ich mag herkömmliche Prinzessinnengeschichten nicht. Diese Geschichten, in denen die Aufgabenteilung sehr klar ist: Aufgabe der Prinzessin ist es, schön zu sein. Schön und möglichst schwach. Aufgabe des Prinzen ist es, zur Rettung herbeizueilen und auf dem Weg möglichst viele Drachen zu erledigen. Kein Mädchen braucht das Klischee vom schwachen Geschlecht – genau genommen auch kein Junge, aber die sind vermutlich eh nicht Zielgruppe besagter Geschichten. Die lesen lieber echte Abenteuer, die ohne eine Prinzessin auskommen. Und damit sind wir beim Buch Von acht Prinzessinnen, die keinen Retter brauchen; denn auch Mädchen wollen echte Abenteuer. Gerne mit Prinzessin, aber dann bitte in der Haupt-, anstatt in der Nebenrolle.
Der Buchtitel hat mich neugierig gemacht, die Illustrationen haben mich in ihren Bann gezogen, die Rahmengeschichte hat mich (dank wunderbarer Fee und ihrem leicht mürrischem Spiegel) zum Schmunzeln gebracht und die Prinzessinnengeschichten haben mir sowohl sprachlich als auch inhaltlich Lesefreude bereitet. Von mir bekommt das Buch daher eine klare Vorleseempfehlung.
Buchinformationen
Natasha Farrant: Von acht Prinzessinnen, die keinen Retter brauchen
Mit Illustrationen von Lydia Corry
mvg Verlag, München 2020
Hardcover, 224 Seiten
Ab 5 Jahren
Klappentext
Die neugeborene Tochter des Königs soll einmal eine fabelhafte Prinzessin werden. Doch was macht eine fabelhafte Prinzessin aus? Muss sie nur hübsch und höflich sein und darf sich auf keinen Fall schmutzig machen? Oder gibt es da noch mehr? Der Zauberspiegel der guten Fee wird losgeschickt, um acht verschiedene Prinzessinnen zu besuchen und herauszufinden, was sie so besonders macht. Er trifft auf Prinzessin Leila, die ihr Volk vor dem König mit dem schwarz-goldenen Banner schützt, auf Prinzessin Ellen, die die Weltmeere erkundet, auf Prinzessin Tica, deren bester Freund ein Krokodil ist, und auf noch viele mehr. Was sie alle eint? Sie bestehen ihre Abenteuer selbst und sind so viel mehr als nur lieb und nett.
Anmerkung: Das Buch „Von acht Prinzessinnen, die keinen Retter brauchen“ wurde uns freundlicherweise als Rezensionsexemplar vom mvg Verlag zur Verfügung gestellt.
Kommentare sind geschlossen