Das eine ist schreiben. Das andere ist lesen lassen.
Schule des Schreibens: Schreibdebüt-Wettbewerb Runde 1 (2023)
Meine eingereichte Kindergeschichte „Mikado – ein zauberhafter Kater in Not“ hat Platz 5 belegt.
Das sagt die Jury:
„Eine lebendige kleine Kindergeschichte ist der Autorin Nicole Bonholt mit dem zauberhaften Kater Mikado gelungen. Und „zauberhaft“ ist hier auch doppeldeutig, denn Mikado kann tatsächlich zaubern. Nur ist er von einem seiner Zauberlehrlinge weggezaubert worden und sitzt in der Klemme. Denn er hockt in einem Automaten für Kuscheltiere und in diesem funktionieren seine Zauberkräfte nicht. Doch dann kommt Mia, und die begreift, in welch misslicher Lage der Kater steckt.In der Handlung ist alles zu finden, was besonders den Kleineren viel Spaß bereiten dürfte: Kuscheltiere, ein schlauer Kater, etwas Spannung und ein gutes Ende. Denn welches Kind (und vielleicht auch so mancher Erwachsene) würde sich nicht einen Kater wünschen, der sprechen kann und einem obendrein mit so manchem Zauberspruch beistehen kann?“
Weitere Informationen: Schule des Schreibens: Schreibdebüt-Wettbewerb
Mikado – ein zauberhafter Kater in Not
von Nicole Bonholt
Mikado schüttelte sich, die Landung war unsanft. Was hatte sich dieser nichtsnutzige Zauberlehrling nur gedacht? Der Kater knirschte verärgert mit den Zähnen. Er hätte diesen Nachhilfeauftrag nie annehmen dürfen. Sein Lehrling war faul. Aber damit nicht genug, er hatte einfach kein Talent. In seiner letzten Nachhilfestunde hatte er einen Zauberspruch falsch ausgesprochen und damit seinen Meister Mikado weggezaubert.
Mikado seufzte und schaute sich um. Er saß in einem Glaskasten. Etwa ein Drittel des Kastens war mit Kuscheltieren befüllt. Um ihn herum glotzten ihn leere Plastikaugen an. Er fauchte eins von den Tieren probehalber an, aber nichts geschah. Mikados Blick wanderte durch die Scheibe. Neben seinem Kasten standen weitere Glaskästen, die ebenfalls mit Kuscheltieren befüllt waren. Menschen liefen vorbei.
„Wo bin ich nur gelandet?“, fragte er das Lama, das neben ihm lag. Das Lama glotzte ihn nur stumm an. Frustriert knurrte der Kater. Da hörte er Stimmen, die vor dem Kasten laut wurden.
„Bitte, Papa! Ich mag so gern das Lama haben. Guck mal, wie niedlich es ist!“, sagte ein Mädchen.
„Ach, Lena“, gab der Vater seufzend nach und holte eine Münze aus seiner Geldbörse. Das Mädchen steckte sie in einen Schlitz am Automaten und bewegte einen Schaltknüppel.
Mikado erschrak. Der Greifarm über ihm setzte sich in Bewegung und schwankte bedrohlich in der Luft. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er das Mädchen an, das einen Knopf drückte. Die Kralle senkte sich knapp neben ihn. Sie griff nach dem Plüschlama, bekam es aber nicht zu fassen. Mikado zitterte am ganzen Körper, als das Mädchen mit seinem Vater weiterzog.
Zur selben Zeit beobachtete Mia das Geschehen an den Greifautomaten. Halb versteckt hinter einer Wand der Bude, in der die Automaten standen, führte sie eine Strichliste. Auf ein Blatt Papier hatte das Mädchen alle Automaten gezeichnet. Immer wenn jemand versuchte, ein Kuscheltier zu greifen, machte sie unter dem jeweiligen Greifautomaten einen Strich.
Sie hatte ein Gespräch des Budenbetreibers belauscht: „Das Geheimnis der Automaten ist, dass du die Greifstärke einstellen kannst. Jedes fünfte Spiel arbeitet der Greifer mit sechzig Prozent der Kraft. Bei den restlichen Spielen ist die Greifkraft auf zwanzig Prozent gedrosselt. Es ist dann unmöglich ein Kuscheltier zu greifen. So lohnt sich das Geschäft!“, hatte er lachend erzählt.
Mia wollte ausprobieren, ob das stimmte. Der Automat rechts vorne war am beliebtesten. Drei Striche hatte sie bereits gemacht. Sie brauchte nur noch etwas warten.
Mikado hatte seinen Schreck überwunden. Es war an der Zeit, dass er sich aus dem Kasten herauszauberte:
„Abrakadabra, Ärgernis und Mottenschmaus,
ich bin jetzt sofort hier raus.
Miau, miau.“
Nichts geschah. Auch alle anderen Sprüche wirkten nicht. Verwundert putzte der Kater sein schwarzes Fell. Er musste nachdenken. Als er über den weißen sternförmigen Fleck an seiner linken Hüfte leckte, verstand er das Problem. Der Kasten wirkte wie ein magischer Käfig. Die Glaswände schirmten die Magie ab. Seine Zaubersprüche würden ihm nicht weiterhelfen.
Der Kater beobachtete die anderen Kästen und verstand, dass die Kinder versuchten, mit den Greifern Kuscheltiere zu angeln. Er hatte nur eine Chance, hier rauszukommen: Er musste versuchen, sich vom Greifarm erwischen zu lassen. Das würde aber nur funktionieren, wenn ein Kind allein kam. Sobald eine erwachsene Person dabei war, würde er wieder erstarren.
Mikado musste nicht lange warten. Bald kam ein Junge, um sein Glück zu versuchen. Der Kater legte sich unter die Kralle und machte sich bereit, aufzuspringen. Aber der Junge hatte andere Pläne. Er bewegte den Arm weg von ihm. Er wollte einen Hai angeln. Er war so darauf fixiert, dass er den Kater nicht wahrnahm. Die Kralle griff zu, erwischte den Hai aber nicht.
Mia aber freute sich. Das war der vierte Versuch. Sie kramte in ihrer Hosentasche nach einer Münze und warf sie in den Münzschlitz. Da bemerkte sie, dass sie von einer Plüschkatze angestarrt wurde. Sie war überrascht, wie echt das Tier aussah. Die Katze bewegte den Mund. Es sah aus, als würde sie sprechen. Aber durch die Scheibe konnte Mia nichts verstehen.
Mikado wusste, dass das seine Chance war. Mit seiner Pfote zeigte er erst auf das Mädchen vor der Scheibe, dann auf sich selbst und schließlich auf den Greifarm. Das Mädchen nickte. Sie setzte den Greifer in Bewegung und ließ ihn über Mikado nach unten fahren. Der Greifer griff zu und erfasste ihn. Er krallte sich fest. Über dem Ausgabeschacht lockerte der Greifarm sich. Mikado fiel in den Schacht, aus dem Mia ihn herauszog.
Mikado schmiegte sich schnurrend an das Mädchen. Er hatte das Gefühl, dass es einen Grund gab, warum er hier gelandet war. Vielleicht wurde er hier gebraucht? Mia sah ihn strahlend an, als würde es ihr ähnlich gehen.
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